Bei uns im Quartier gibt es einen wunderbaren Lebensmittelladen. Die “Lädelifrau“. Ein Laden, wie man ihn wohl nur noch aus Grosis Erzählungen kennt. So einen, wo der “Lädelima” höchstpersönlich am Wochenende frischen Butter-Zopf backt. Wo die Besitzer noch selber in die Berge fahren, um bei den Älplern Käse für den Laden einzukaufen. Es ist ein Laden, wo man per Du ist und der Schwatz mit dem Kunden im Vordergrund des Einkaufs steht. Man kennt sich und die Mitarbeiter wissen ganz genau, welchen Käse ich mag. So ist es auch nicht verwunderlich, dass jede Empfehlung ein Volltreffer ist. Bei der “Lädelifrau” weiss man, wann ich Zopf und wann lieber Brot mag und dass ich den ganzen Winter darauf warte, bis es wieder frische Kirschkonfitüre gibt.

 

Nebenwirkung der Digitalisierung: Blindflug

Die Digitalisierung hat einen sehr unschönen Nebeneffekt. Wir haben uns sehr weit von unseren Kunden entfernt.  Im Gegensatz zur “Lädelifrau” haben Dienstleister heute  in den meisten Fällen keinen Schimmer wer “da draussen” ihre Produkte und Dienstleistungen kauft. Zwischen Anbietern und Kunden spannt sich das gigantische World Wide Web.  Das schafft Distanz. Das Kundenwissen müssen Anbieter und Dienstleister aufwändig aufbauen. Viele Online-Unternehmen setzten aber lieber auf Vermutungen und Halbwissen. Befindlichkeiten und Meinungen führen zu Entscheidungen. Man hat in vielen Fällen verlernt seine Strategie und seine Entscheidungen auf das Wissen um den Kunden zu stützen. Das ist ist verheerend.

Eine weitere “Unschönheit” ist, dass das Internet unser Wissen “demokratisiert” hat. Jeder hat nun eine Meinung und glaubt zu wissen, wie sich Nutzer (online) verhalten. Man ist ja selber Nutzer. Das führt dazu, dass man als UX oder CX Experte mit der Geschäftsleitung sitzt und sich anhören muss, dass die Damen und Herren ganz genau wissen, was die Bedürfnisse der Kunden sind, welches Feature und Services sie unbedingt brauchen und was sicher funktioniert. Man hat aufgehört faktenbasiert zu handeln.

 

Vernetzts Kundenwissen

Andererseits hat uns die Digitalisierung eine ganz neue Möglichkeit eröffnet. Wir können das digitale Kundenwissen vernetzen und somit ein viel umfangreicheres und vielschichtigeres Bild der Kunden aufbauen. Im Gegensatz zur “Lädelifrau” – die im Grossen und Ganzen meine kulinarischen Bedürfnisse kennt – weiss ein Unternehemen wie Amazon oder Facebook mittlerweile massiv mehr über mich. Sie kennen meine Hobbies, meine Freunde, meine Aktivitäten und noch einiges mehr. Dieses Wissen verknüpfen sie nun mit den Daten von anderen Kunden, um mein Kundenmodell zu erweitern und sogar vorhersagen zu können, was ich für Bedürfnisse in Zukunft entwickeln werde. In den letzten Wochen wurde in den Medien rund um die Rolle von Cambridge Analytica bei Trumps Wahlerfolg viel darüber diskutiert, wie Nutzerdaten und Modelle sogar die Politik beeinflussen.

Ich bin der Meinung, dass genau dieses Kundenwissen – in Form von vernetzten Daten und Modellen – das Gold des 21 Jahrhunderts ist. Wenn man sich beispielsweise Online-Vergleichsdienste wie Check24, Verivox, Compare the Market etc. anschaut, fragt man sich: Was macht diese Unternehmen so wertvoll? Die Plattform an und für sich? Kaum. Eine Handvoll Entwickler in Asien baut binnen weniger Wochen fast jede Plattform nach. Der angezeigte Content ist in den meisten Fällen kein echter Mehrwert.  Und auch das Geschäftsmodell ist weder innovativ noch wertvoll. Es basiert auf dem uralten “Old-Economie” Prinzip der Provision.

Das, was diese Unternehmen so enorm wertvoll macht, sind die Nutzer selbst und die digitalen Spuren, die sie bei ihrer Journey auf diesen Vergleichsdiensten hinterlassen. Mit einem unglaublich hohen Traffic-Aufkommmen holen sie einen sehr breiten Querschnitt der Gesellschaft in fast allen Lebenslagen ab. Die dadurch gesammelten Daten ergeben eine völlig neue Qualität von Leads. Und die sind den Abnehmer-Partnern der Vergleichslattformen ein Vermögen wert!

 

Kundenwissen ist der Kern eines intelligenten Unternehmens

Die Daten zu sammeln bringt an und für sich noch keinen Mehrwert. Man muss sie clever clustern, verknüpfen, in einen Zusammenhang bringen und in eine unternehmensweit verwendbare Form giessen.

kundenwissen

Kundenwissen ist der Kern eines intelligenten Unternehmens. Alle Daten, quantitativ und qualitativ fliessen da zusammen. In einem CRM System, in GA oder auch in Customer Journeys werden die Interaktionen der Kunden mit dem Unternehmen festgehalten, gemessen und visualisiert. Aus diesem Wissen können dann alle Massnahmen für das operative Geschäft abgeleitet werden. Aber nicht nur dafür. Auch die Vermarktung muss auf diesen Daten basieren. Durch das Wissen um die Bedürfnisse und Motivationen der Kunden können Kampagnen und Botschaften viel zielführender angebracht werden. Und nicht zuletzt wird ein intelligentes Unternehmen seine Weiterentwicklung und seine Innovationen nicht aus einem Bauchgefühl heraus erarbeiten, sondern basierend auf eben diesen Daten seine Schritte in die Zukunft entwickeln.

 

Fazit

Ich habe über die letzten Jahre sehr nah beobachten können, was passiert, wenn Unternehmen ihre Entscheidungen und Massnahmen nicht auf Fakten, d.h. auf Daten und Kundenwissen stützen. Es herrscht ein absolutes Chaos. Letztendlich wird alles, was das Unternehmen macht oder entscheidet beliebig. Es entsteht kein Mehrwert. Organisationen, die aber das Wissen um ihre Kunden zum Kern machen, schaffen, mit jeder Kundeninteraktion Wert, der in dieser Form nicht kopierbar ist. Der Marktwert von Firmen wie Facebook belegen das eindrücklich. Kundenwissen ist Gold wert!